Seit sich die Universitätsmedizin Essen 2020 entschieden hat, sich im Rahmen der Smart-Hospital-Strategie auf den Weg zum Green Hospital zu machen, haben sich Organisationsstrukturen etabliert und Prozesse nachhaltig verändert. Quartalsmäßig finden an der Universitätsmedizin Essen Nachhaltigkeitstrainings zur Weiterbildung von Nachhaltigkeitsbeauftragten statt. Das Angebot richtet sich an alle Mitarbeitenden. Grundlage für das effektive Nachhaltigkeitsmanagement schuf die Teilnahme der Universitätsmedizin Essen am Projekt KLIK green. Drei Jahre lang erhielten 250 Krankenhäuser und Reha-Einrichtungen die Möglichkeit, sich aktiv für den Klimaschutz zu engagieren, sich zu vernetzen und untereinander zu Best-Practice-Beispielen auszutauschen. Ende April 2022 lief das Projekt aus. Seit Februar 2022 beteiligte sich die Universitätsmedizin Essen jetzt an ÖKOPROFIT® (Ökologisches Projekt für Integrierte Umwelttechnik). Auch hier liegt der Fokus auf Maßnahmen, die zum Klima- und Umweltschutz beitragen, und auf einem intensiven Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen im Stadtgebiet. Eine erfolgreiche Zertifizierungsprüfung fand im März 2023 statt. Außerdem hat die Universitätsmedizin Essen unter Federführung des Klima-Managers Tobias Emler zahlreiche Projekte angestoßen, konkrete Maßnahmen durchgeführt und Netzwerke ausgebaut. Durch den Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 geriet auch die Universitätsmedizin Essen als Großabnehmer von Energieleistungen unter Druck, weil sich beispielsweise der Strompreis verzehnfachte. Dennoch entschied der Vorstand auch 2023 weiter Ökostrom zu beziehen.
Innovationen aus der Versuchsküche …
Universitätsmedizin Essen strebt umfassende Ernährungstransformation an
Zwölf Uhr mittags in der Krankenhausküche auf dem Campus der Universitätsmedizin Essen. Während im Casino die ersten Mitarbeitenden ihr Mittagsmahl einnehmen und auf den Stationen die Essenausgabe gerade auf Hochtouren läuft, sind nur noch wenige Zubereitungsstationen im Küchentrakt besetzt. Die Hauptarbeit haben Bäckerinnen und Bäcker, Köchinnen und Köche, Diät-Assistentinnen und -Assistenten sowie Küchenhelferinnen und Küchenhelfer jetzt erledigt. Die hauseigene Backstube heizt bereits morgens um 3.45 Uhr die Öfen an, ab 6.00 Uhr läuft der Betrieb in der Küche. Mittags stehen nun noch vereinzelt Mitarbeitende am Herd und kochen spezielle Diät-Mahlzeiten, andere bereiten Abendbeilagen vor, wieder anderen gelingt es, passierte Kost so zu behandeln, dass der Geschmack kaum leidet und die Mahlzeit immer noch appetitlich ausschaut.
Brühe, Brot und Brötchen – hausgemacht
600 Teller gehen täglich im Casino der Universitätsmedizin über die Theke, rund 2.300 Patientinnen und Patienten werden pro Tag mit drei Mahlzeiten und zwei Zwischensnacks auf den Stationen in den Kliniken der Universitätsmedizin Essen versorgt. Dahinter stecken eine ausgefeilte Logistik und ein hoher Qualitätsanspruch. In der Universitätsmedizin Essen ist vieles noch „hausgemacht“: Sauerbraten wird traditionell eingelegt, alle Brühen werden von den Köchinnen und Köchen mit frischen Zutaten angesetzt, Brot und Brötchen täglich frisch gebacken. Das Team achtet penibel darauf, alle vorrätigen Lebensmittel zu verwerten. So zaubern die Köchinnen und Köche aus den Resten der Produktionen zum Beispiel schmackhafte Creme-Suppen oder Servietten-Knödel – die Anforderungen an das Hygienemanagement stets im Blick.
Mengen, Logistik und Controlling – in anderen Dimensionen
Das Kochen in diesen Mengendimensionen ist nicht mit der Speisezubereitung im privaten Haushalt vergleichbar. Zahlreiche Garprozesse laufen parallel, die Verteilstrukturen, welche Speisen wann und wohin die Küche verlassen, sind äußerst komplex. Alles muss klar definiert, sinnvoll strukturiert und kontrolliert vor sich gehen. Damit alle Mahlzeiten sicher auf den Tisch oder aufs Krankenhaustablett kommen, dürfen Speisen zum Beispiel maximal 72 Stunden lang bis zur Ausgabe gelagert werden – Kühlung, Aufwärmen sowie Heißhaltedauer inklusive.
Gemeinsam mit dem Team von Klüh-Catering, mit dem die Universitätsmedizin einen Dienstleistungsvertrag geschlossen hat, verantwortet Claudius Frickenhaus alles, was im Casino und in den Kliniken auf den Tisch kommt. Seit 2022 bereitet eine junge Ärztin dem erfahrenen Koch Mehrarbeit. Was ihn keineswegs stört, sondern begeistert.
”Wir unterstützen das Projekt sehr engagiert, es knüpft ideal an einen Prozess an, den wir schon vor Jahren angestoßen haben.
Claudius Frickenhaus
Gesund, lecker, nachhaltig – moderne Krankenhausküche
Dr. Kristin Hünninghaus, Assistenzärztin für Innere Medizin, angehende Ernährungsmedizinerin und Projektleiterin „Green Hospital Food“ am Zentrum für Naturheilkunde und Integrative Medizin der Universitätsmedizin Essen. hat ein interdisziplinäres Team ins Leben gerufen, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Ernährung an der Universitätsmedizin Essen zu transformieren. Eine Anschubfinanzierung der Stiftung Universitätsmedizin und eine Förderung durch die Carstens-Stiftung machen das Projekt möglich. Expertinnen und Experten aus den Bereichen Diätassistenz, Pflege, Catering, Wissenschaft und vom Dezernat 03 (Wirtschaftsbetriebe & Logistik) haben einen gemeinsamen Projekt-Plan entworfen, um zwei wesentliche Ziele zu erreichen:
- Erstens: in den nächsten maximal drei Jahren die Ernährung so zu transformieren, dass sie sich an der Planetary Health Diet sowie den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung orientiert.
- Zweitens: die Lebensmittelverschwendung an der Universitätsmedizin Essen weiter zu reduzieren.
„Wir haben uns in den vergangenen Jahren gemeinsam mit unserem Cateringteam bereits auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit gemacht. Deshalb hat Kristin Hünninghaus mit ihrem Ansatz, ein konkretes Projekt aufzusetzen und dies auch wissenschaftlich zu begleiten, offene Türen eingerannt“, sagt Claudius Frickenhaus.
An großen Kliniken wie der Universitätsmedizin Essen ist es eine große Herausforderung, eigentlich optimal aufeinander abgestimmte Prozesse zu verändern. Denn Veränderung, die erfordert eine weitgehend pflanzenbasierte Küche – zumindest, wenn das Gemüse nicht als Begleitgrün und „vegetarisch“ oder „vegan“ nicht nur durch das Weglassen von Menükomponenten aus Fleisch erreicht werden soll. Vollwertige vegetarische oder vegane Speisen müssen gute Eiweißquellen enthalten zum Beispiel in Form von Hülsenfrüchten, reich an Vitaminen sein und geichzeitig sollten sie natürlich auch besonders lecker sein. Hierbei kann zum Beispiel durch die Zugabe von Pilzen oder fermentiertem Gemüse Umami-Noten, also deftige Geschmacksnuancen, ans Essen gezaubert werden. Eingespielte Abläufe verändern sich, eine andere Küchenphysik beeinflusst Prozesse.
”Vollwertig, gesund, nachhaltig – so muss Krankenhausernährung heute sein.
Margret Wilhelm
Margret Wilhelm vertritt im Projektteam die Abteilung Wirtschaftsbetriebe und Logistik. Auch sie ist überdurchschnittlich motiviert, das Projekt voranzubringen: „Das ist ein Meilenstein in der Klinikgastronomie. Gesellschaftlich hat sich das Bewusstsein in Sachen Nahrungsaufnahme doch stark verändert, die jüngeren Generationen haben ein ganz anderes Verhältnis zu dem Thema als die Älteren. Riesige Fleischportionen sind nicht mehr angesagt, wir hier im Krankenhaus sollten Vorreiter sein. Vollwertig, gesund, nachhaltig – so muss Krankenhausernährung heute sein. Wir packen es jetzt koordiniert an und erreichen so einen Mehrgewinn für alle Beteiligten.“
Zu gut für die Tonne
Auch die Reduzierung des Lebensmittelabfalls ist in einem Großküchenbetrieb ein umfassendes Projekt. Claudius Frickenhaus ist zuversichtlich, in drei Jahren das Ziel von 30 Prozent weniger Lebensmittelabfällen erreicht zu haben. Die Abfallvermeidung während des Produktionsprozesses ist die eine Sache, die größte Menge an Speiseabfällen entsteht aber auf den Stationen. Tabletts gehen unberührt zurück oder Essen werden nur zur Hälfte gegessen. Woran liegt das? Natürlich haben viele kranke Menschen weniger Appetit als Gesunde, obwohl gerade Krankheiten am Körper zehren und der Kalorienbedarf häufig sogar höher ist. Es kommt aber auch vor, dass Patientinnen und Patienten die Stationen wechseln und mehrmals nach ihren Menüwünschen gefragt werden. Wird das Essen dann nicht rechtzeitig aus- und umgebucht, landen zu viele Portionen auf den Stationen. Und manchen Patientinnen und Patienten schmeckt das Essen schlichtweg nicht, weil es anders als Zuhause oder in der Stamm-Pommesbude zubereitet wird.
Wie kann da nachgesteuert werden? „Über die Auswahlmöglichkeiten für die Patientinnen und Patienten und über die Fortentwicklung der digitalen Tools für das team der Menüdisponenz“, sagt Claudius Frickenhaus. Kristin Hünninghaus ergänzt: „Wir analysieren diese Faktoren und werden dann konkrete Verbesserungsmaßnahmen konzipieren.“ Das Universitätsklinkum Essen strebt noch im Herbst 2023 eine Zertifizierung durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft an, um die nationale Strategie gegen Lebensmittelverschwendung unter dem Motto „Zu gut für die Tonne“ aktiv zu unterstützen.
”Am Ende überzeugen wir vor allem durch den guten Geschmack der neuen Gerichte.
Dr. Kristin Hünninghaus
Erste Schritte – weitere Ziele
2022 ist das Transformationsprojekt an der Universitätsmedizin Essen gestartet. Welche konkreten Schritte wurden bisher umgesetzt?
- Das pflanzenbasierte Gericht steht inzwischen ganz oben auf der Menükarte der Patientinnen und Patienten, es ist ein vollwertiges, eigenständiges Gericht und keine vegetarische oder vegane Variante, die durch Weglassen der Fleischkomponenten erreicht wird.
- Eine bereits abgeschlossene Befragung von über 500 Mitarbeitenden und über 400 Patientinnen und Patienten konnte bereits aufzeigen, dass es eine hohe Bereitschaft für eine pflanzenbasierte Ernährung bei Mitarbeitenden und Patient:innen gibt.
- Aktuell werden rund 90 Rezepte sowohl fürs Casino als auch für die Patientenverpflegung erprobt, um einen pflanzenbasierten Rezept-Pool anzulegen, der eine möglichst hohe Akzeptanz bei den Gästen genießt. Teil dieses Prozesses ist die (aktuell noch laufende) Befragung der Gäste im Casino. Hierbei kann direkt Feedback den jeweiligen Tagesgerichten gegeben werden.
Die übergeordnete Projektgruppe „Green Hospital Food“ trifft sich alle drei Monate, um Erkenntnisse zu teilen und den weiteren Fahrplan zu bestimmen. In kleineren Gruppen tauschen sich die Projektbeteiligten monatlich aus. Das Tempo geben die Patientinnen und Patienten auf den Stationen und die Gäste des Casinos vor. Kristin Hünninghaus: „Die ersten Auswertungen haben gezeigt, dass allen Befragten die Themen Gesundheit, Tierwohl und Umwelt sehr am Herzen liegen. Überzeugen können wir am Ende aber vor allem über den guten Geschmack der neuen Gerichte.“
Bis Ende 2024 ist das Projekt „Green Hospital Food“ terminiert. Nachdem 2022 der Startschuss fiel und mit Befragung und Testgerichten die Basis gelegt wurde, werden 2023 nach und nach konkrete Maßnahmen – von Veggie-Tagen über Lehrveranstaltungen für die Köchinnen und Köche bis zur entsprechenden Anpassung der Menülinien – umgesetzt. In 2024 sollen durch wissenschaftliche Veröffentlichungen die gewonnenen Erkenntnisse publiziert werden. Die Transformation der Ernährung an der Universitätsmedizin Essen basiert auf:
Prävention
Damit die Speisenversorgung in Krankenhäusern einen wesentlichen Beitrag zu Gesundheitsförderung, Prävention und Therapie leistet, muss der pflanzenbasierte Anteil ausgeweitet werden. Eine hohe Akzeptanz erreichen nur solche Gerichte, die attraktiv beworben und präsentiert werden – und gut schmecken.
Qualität
Guten Geschmack liefern neben ausgewogenen Rezepturen frische (bevorzugt regionale und saisonale) Produkte.
Wissen
Durch gezielte Weiterbildungen sollen sowohl Mitarbeitende als auch Patientinnen und Patienten für die Multidimensionalität von Ernährung sensibilisiert werden. Das gilt für die medizinisch-biologische sowie auch ökologische Zusammenhänge, also dem Einfluss unserer Ernährung auf die planetaren Grenzen.
Nachhaltigkeit
Die Universitätsmedizin Essen versorgt täglich in ihrer Kantine circa 500 Mitarbeitende und über die Krankenhausküche 1.200 Patientinnen und Patienten. Das ist eine enorme logistische Herausforderung der großer Respekt gebührt, sagt Dobos. Täglich wird allerdings ein großer Teil Essen vernichtet – Patientinnen geben ihre Tablets unberührt zurück, Fehlbestellungen finden keine Abnehmer. Dr. Kristin Hünninghaus: „Wir planen, einen Partner ins Boot zu holen, der eine konkrete Prozessanalyse durchführt und bei ähnlichen Projekten die Lebensmittelverschwendung um rund 30 Prozent reduzieren konnte.“
Diese Einsparungen könnten die Verantwortlichen dann in bessere Produkte investierten, meint Prof. Dr. Gustav Dobos. Denn das Ernährungssystem eines jeden Krankenhauses in Deutschland sei ein Stiefkind der Abrechnung. Denn die Essenzubereitung muss im Krankenhaus-Abrechnungssystem mit zwölf weiteren Bereichen (unter anderem IT und Reinigung) um einen festen Betrag konkurrieren. Steigen zum Beispiel die Personalkosten in einem dieser Bereiche führt dies häufig zu weiteren Einsparungen bei den Lebensmitteln. Dies führte dazu, dass die Pauschale aktuell deutschlandweit im Durchschnitt bei nur 3,84 Euro für drei Mahlzeiten am Tag liegt. Hierunter leidet als Folge die Qualität der Produkte. Hier bestehe laut dem Team „großer politischer Handlungsbedarf“. Prof. Dr. Dobos appelliert: „Zu uns in die Uniklinik kommen viele Patientinnen und Patienten zum Beispiel mit Diabetes oder Coronarerkrankungen, die dürfen wir nicht auch noch im Krankenhaus schlecht ernähren.“
Vorbildfunktion
Ein evidenzbasiertes, interdisziplinäres Projekt in dieser Größenordnung ist bisher in Deutschlands Krankenhauslandschaft einmalig. Die Universitätsmedizin möchte bundesweit eine Vorbildfunktion einnehmen, die Erkenntnisse mit weiteren Kliniken teilen, Maßnahmen auf möglichst viele Krankenhäuser übertragen und auch auf die Politik Einfluss nehmen.
Effektive Energiesparmaßnahmen
Durch die Umstellung auf Ökostrom zur Versorgung aller Klinikgebäude der Universitätsmedizin Essen konnte der CO2-Auststoß um knapp 20.000 Tonnen CO2 pro Jahr reduziert werden. Der Bezug von Ökostrom in den Liegenschaften Hufelandstraße, Robert-Koch-Straße, Zweigertstraße, Goethestraße und Giradetstraße verbessert die CO2-Bilanz um knapp 80 Tonnen pro Jahr.
Im August 2022 hat die Universitätsmedizin Essen eine Photovoltaik-Anlage mit 74 Modulen und einer Leistung von 29,97 kWp auf dem Gebäude am Hohlweg 18 in Betrieb genommen. Das entspricht einer Solarfläche von circa 142 m². Rund 50 Prozent des Strombedarfs des Gebäudes können damit abgedeckt werden. Die rund 45.000 € teure Anlage wurde von der Stiftung Universitätsmedizin finanziert. Bei den aktuellen Stromkosten wird sich die Anlage in sechs Jahren amortisiert haben. Weitere Photovoltaik-Anlagen auf anderen Gebäuden sind in Planung.
In den vergangenen 10 Jahren ist die installierte elektrische Leistung durch die fortschreitende Gebäudetechnisierung um 30 % gestiegen, die Netto-Geschossfläche ist um über 5 % gewachsen. Dennoch ist der Stromverbrauch an der Universitätsmedizin nahezu konstant geblieben – ein Ergebnis der konsequenten Energiesparmaßnahmen, die notwendige Hochtechnisierung und Mehrausstattungen an den Kliniken ausgleichen. Durch den Beleuchtungswechsel auf LED und energieeffiziente Transformatoren sank zum Beispiel der Energieverbrauch in der Verwaltung von 2019 bis 2022 um 10 %, im Parkhaus Hufelandstraße konnte der Energieverbrauch im gleichen Zeitraum um knapp 30 % reduziert werden. Ein aktuelles Beispiel verdeutlicht den wirtschaftlichen Effekt: Im Operativen Zentrum II wurden 2022 alle Magistralen auf LED umgestellt. Dies bringt eine Gesamtersparnis von 141.517,8 kWh pro Jahr, was beim aktuellen Strompreis für das Jahr 2023 eine Ersparnis von 91.986,57 € bedeutet.
In Bewegung
In so genannten „Reallaboren“ testet Be-MoVe – ein Gemeinschaftsprojekt der Grüne Hauptstadt Agentur der Stadt Essen, des Instituts für Mobilitäts- und Stadtplanung der Uni Duisburg-Essen (imobis) und des Instituts für Urban Public Health (InUph) der Universitätsmedizin Essen – Maßnahmen und Veränderungen im städtischen Umfeld und wertet diese aus. Die Reallabore wurden 2022 im Stadtteil Holsterhausen und in der Innenstadt eingerichtet. Zu den Maßnahmen, die getestet wurden, gehörten zum Beispiel die (temporäre) Umgestaltung öffentlicher Plätze und Räume zum Verweilen, Angebote wie moderne Mobilstationen und ein Bonusprogramm für nachhaltige Mobilität gemeinsam mit den Partnern Ruhrbahn, Nextbike (Metropolrad Ruhr) und Stadtmobil. Das Institut für Urban Public Health beschäftigte sich zudem mit der urbanen Akustik. Im Rahmen von Hörspaziergängen erforschten die Wissenschaftler, welchen Einfluss die Art und Qualität von Klängen und Geräuschen auf die Aufenthalts- und Lebensqualität sowie auf das Mobilitätsverhalten hat.
Am Campus Holsterhausen stellt die Universitätsmedizin Essen Mitarbeitenden ab 2023 230 zusätzliche, überdachte und abschließbare Fahrradparkplätze zu Verfügung. im Sommer 2022 konnte an allen Tochterunternehmen der Universitätsmedizin ein Angebot zum Bikeleasing etabliert werden. Das Klimamanagement der Universitätsmedizin arbeitet aktuell noch an einer Lösung, das Bike-Leasing auch mit dem Tarifvertrag der Universitätsklinik zu vereinbaren. Eine solche Entgeltumwandlung ist aktuell aus rechtlichen Gründen (noch) nicht möglich.
Im Fluss
2022 hat die Universitätsmedizin Essen an der Aktion „Gießkannenhelden“ der Ehrenamt Agentur Essen teilgenommen. An drei Standorten – am Herzzentrum, am Kunsttherapie-Haus neben dem Audimax und am Betriebskindergarten – stellte das Umweltmanagement 1,50 Meter hohe Regenwassertonnen auf. Das Wasser wird zur Bewässerung der Bäume auf dem Gelände der Universitätsmedizin genutzt. Zum Hintergrund: Allein durch den Sturm Ela im Juni 2014 hat Essen circa 20.000 seiner 200.000 Stadtbäume verloren. Drei Dürrejahre in Folge (2018–2020) und ein dadurch verstärkter Schädlingsbefall durch Käfer, Pilze, Bakterien und Viren haben die Stadtbäume weiter geschwächt, so dass in den vergangenen zehn Jahren circa 25 Prozent des Essener Baumbestandes verloren gingen.
In Blüte
Um dem Insektensterben entgegenzusteuern, hat das Umweltmanagement der Universitätsmedizin Essen im Juni 2021 auf dem 900 m² großen Dach des Westdeutschen Protonentherapie Zentrums (WPE) eine Wildblumenwiese angelegt. Im Frühjahr und im Sommer 2022 entfaltete die Wiese ihre ganze Pracht, Hummeln, Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten tummeln sich inzwischen zahlreich auf der Fläche. Auch verschiedene Frösche haben dort ihren Platz gefunden. Zudem wurden drei Bienenvölker auf dem Dach des WPE angesiedelt. Seit 2022 produziert die Universitätsmedizin Essen ihren eigenen Honig.
Ausgezeichnet
Bereits zum 15. Mal hat die Stadt Essen im November 2022 den „Umweltpreis der Stadt Essen“ in verschiedenen Kategorien vergeben. Mit dem Preis werden bereits realisierte Projekte ausgezeichnet, die die Nachhaltigkeit und das Wissen um Umwelt- und Klimaschutz sowie Fairtrade fördern. Das Schwerpunkt-Thema des Umweltpreises 2022 lautete „Essen – schützt Bäume“. In der Kategorie „Institutionen“ wurde das Westdeutsche Protonentherapiezentrum Essen (WPE) gGmbH für das Projekt „Dach- und Streuobstwiesen“ mit dem ersten Platz und der Bubo e. V. für das Projekt „Streuobstwiesen mit Schafen“ mit dem zweiten Platz ausgezeichnet.
Die Universitätsmedizin Essen vergibt seit 2022 einmal im Jahr den „UME goes Green“-Award zu einem bestimmten Fokusthema. 2022 wurden Nachhaltigkeitsideen prämiert, die sich mit dem Thema „Hitzeschutz“ beschäftigten. Das Westdeutsche Protonentherapiezentrum Essen (WPE) hatte sich mit einem detaillierten Maßnahmenkatalog beworben und wurde mit dem Preis ausgezeichnet.
In Aktion
Der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) hat die Deutschen Aktionstage Nachhaltigkeit anlässlich der Weltkonferenz der Vereinten Nationen über nachhaltige Entwicklung (Rio+20) im Jahr 2012 ins Leben gerufen. Im September 2022 leistete auch die Universitätsmedizin Essen mit Aktivitäten zu den bundesweiten „Aktionstagen Nachhaltigkeit“ an allen Standorten der Universitätsmedizin Essen ihren Beitrag, über Nachhaltigkeitsthemen ausführlich zu informieren.
Der Verzicht auf die Fahrt mit dem Auto und die Nutzung des Zweirads im Alltag spart CO2 und leistet einen wichtigen Beitrag zu einem gesunden Klima in unseren Städten. Die Aktion „Stadtradeln“ trägt seit mehreren Jahren dazu bei, dass Privatpersonen sowie Institutionen und deren Mitarbeitende in einem festgelegten Zeitraum bewusst auf das Fahrrad umsteigen, um das Klima zu schonen. Das „Stadtradeln“ ist eine Aktion des „Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder | Alianza del Clima e.V.“ und wird seit 2008 jährlich veranstaltet. Für die Universitätsmedizin Essen nahmen 2022 insgesamt 133 UME-Mitarbeitende am Stadtradeln teil, sie erradelten 30.031,2 Kilometer und sparten dadurch 4.624,80 kg CO2 ein.
Nachhaltigkeit ist Teamarbeit
Das Thema Green Hospital ist komplex, die Fäden aus allen Bereichen laufen bei Tobias Emler, Umweltmanager in der Stabsstelle Medizinische Planung und Strategische Unternehmensentwicklung, zusammen. In enger Kooperation mit 14 Stakeholdern an den verschiedenen Standorten der Universitätsmedizin und aus allen Bereichen von der Energiezentrale über die Pflege bis zur Forschung gestaltet er den Prozess und bildet das „Team Green“. 130 Nachhaltigkeitsbeauftragte aus allen Bereichen der Universitätsmedizin liefern regelmäßig Ideen an das Team Green, wirken als Multiplikatoren in ihren Teams und unterstützen die Umsetzung von Projekten vor Ort.
Gemeinsam eine Verbesserung sozialer, ökologischer und ökonomischer Aspekte anzugehen, um den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlage zu sichern – das ist mir wichtig. In meiner Funktion als Klimamanager versuche ich, nachhaltiges Denken und Handeln zur gelebten Unternehmenskultur zu entwickeln.
Das Nachhaltigkeitsmanagement ist für mich ein essenzielles Instrument, um unseren Ressourcenverbrauch im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit zu analysieren. Auch in unserem Bereich konnten bereits wertvolle Ressourcen eingespart werden, weil wir inzwischen nahezu alle Prozesse erfolgreich digitalisiert haben.
Ich erwarte, dass die Initiative Green Hospital die Universitätsmedizin Essen konsequent zur Umwelt- und Klimafreundlichkeit führt. Wir erreichen dies durch Information, Überzeugung und Beharrlichkeit. Konkret planen wir Bepflanzungen, Dachbegrünungen und eine umweltfreundliche Abfallentsorgung.
Wir müssen achtsam mit Ressourcen umgehen – mit Arbeitsmitteln ebenso wie mit personellen Ressourcen. Und kontinuierlich die Vereinbarkeit von ökologischen mit sozialen und ökonomischen Aspekten unserer Tätigkeit hinterfragen. Effizientere Arbeitsabläufe entlasten die Mitarbeitenden, sodass mehr Zeit für empathische Medizin bleibt. Der Mensch – Mitarbeitende ebenso wie Patienten – sollte stets im Mittelpunkt stehen.
Entscheidungen so zu treffen, dass diese den Interessen zukünftiger Generationen nicht widersprechen, das ist für mich Nachhaltigkeitsmanagement. Ich möchte die Sensibilität für das Thema bei allen Kolleginnen und Kollegen erhöhen – sowohl bei alltäglichen Dingen, als auch durch einzelne Projekte.
Ich möchte Einfluss nehmen auf die Schmeiß-weg-kauf-neu-Einstellung. Überzeugen können dabei intelligente Konzepte, die nicht ausschließlich auf Verzicht basieren, wie zum Beispiel die Kreislaufwirtschaft.
Nachhaltigkeitsmanagement ist für mich die gemeinsame Rücksichtnahme auf die Umwelt, aber auch aller Mitarbeitenden aufeinander – ein Prozess des permanenten „Daraufhin-Arbeitens“ in den unterschiedlichsten Bereichen.
Ich helfe, die Ideen aus dem Team Green in die einzelnen Abteilungen zu tragen, um für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren. Werden Prozesse smarter gestaltet, können wertvolle Ressourcen eingespart werden – davon bin ich überzeugt.
Häufig sind es Kleinigkeiten, die große Veränderungen bewirken können. In den Stabsstellen versuchen wir zum Beispiel weitestgehend auf Papier zu verzichten. In der Digitalisierung aller Krankenhausbereiche sehe ich eine große Chance. Auf allen Ebenen engagiere ich mich für die Integration umweltbewusster, ressourcenschonender und möglichst klimaneutraler Prozesse in unsere bestehenden Unternehmensabläufe.
Wenn wir gemeinsam mit den Mitarbeitenden Indikatoren für die Nachhaltigkeitsberichterstattung festlegen, Führungskräfte auf Nachhaltigkeit verpflichten und die Einführung eines Nachhaltigkeits-Impact-Assessment angehen, können wir viel erreichen. Im Arbeitsalltag geht es um „green office“, Mülltrennung, faire Produkte und den Einsatz von Diensträdern.
Was bedeutet Nachhaltigkeit? Aufgaben heute so zu erfüllen, dass sie auch morgen noch richtig und vertretbar sind! Dazu gehört für mich, technische und bauliche Erfordernisse, Notwendigkeiten, Restriktionen und Zusammenhänge im Rahmen der Nachhaltigkeitsinitiative allgemeinverständlich und nachvollziehbar einzubringen.
Ich mache Werbung für vernünftiges Mülltrennen und Recycling am Arbeitsplatz – bei allen Mitarbeitenden. Denn wir sind nur dann erfolgreich, wenn jeder Einzelne in seinem Bereich den Nachhaltigkeitsgedanken aufrecht erhält.
Wir sind bestrebt, alle Ressourcen in den Bereichen Wirtschaftsbetriebe, Logistik und Reinigungsdienste verantwortungsbewusst und gezielt einzusetzen. Vorschläge und Ideen der Mitarbeitenden geben uns dabei wichtigen Input.
Mein Wunsch ist es, dass nachfolgende Generationen mindestens genauso gut wie wir leben können. Deshalb treibe ich im Team Green die Netzwerk-, Fort- und Weiterbildung voran. Eine große Aufgabe kann nur von einem starken Team bewältigt werden.
Ich möchte eine Reihe von zielführenden, tatsächlich ressourcensparenden und messbaren Maßnahmen etablieren. Voraussetzung dafür ist eine Mentalität, die über eine Veränderung des Bewusstseins zu einer Veränderung des Verhaltens führt. Durch intensive Kommunikation innerhalb des Unternehmens kann dies gelingen.